Hörspiel des Monats Dezember 1977

 

Diethard Klante

Aktion Abendsonne

Dramaturgie: Christoph Buggert
Ton: Anna-Maria Tietze, Angelika Gebert, Angela Michaelis
Regie: Diethard Klante
Hessischer Rundfunk 1977
Ursendung: 19.12.1977
71 Minuten

Rollen und Darsteller:

Moderator
Anna Härtl
Josephine Wittmann
Hans Faistbauer
Roderich Schmidt
Dr. Richter
Dr. Waldmann
Dr. Krabbe
Pfarrer Griesmüller
Frau Weber
Frau Niebelschütz
Herr Grohmann
Anonyme Anruferin
Frau Katz
Frau Dreschner
Ihr Sohn
Herr Michel
Anruferin
Martha Härtl
Herr Feulner
Frau Niemeyer
Herr Braun
Herr Popp
Herr Schneider
Ferner

Ernst Stankowski
Maria Stadler
Alice Treff
Georg Blädl
Rudolf Schündler
Jochen Busse
Robert Seibert
Margit Wolff
Anfried Krämer
Christel Pfeil
Josefine Klee-Helmdach
Theo Ennisch
Cornelia Menzel
Marianne Lochert
Maria Donnerstag
Harald Dietl
Olaf Bison
Melanie de Graaf
Ursula Dirichs
Kurt Hepperlin
Lieselotte Bettin
Armas Sten Fühler
Albert Hoerrmann
Kurt Dommisch
Sophie Engelke
Singkreis Goldstein der VHS FRankfurt
Altenclub Gießen

 

Begründung der Jury:

„Lebenshilfe“ lautet in den Medien das Schlagwort der Stunde. Hier eine Sendung für die Alten, da für die Behinderten. Herrenlose Tiere werden ebenso vermittelt wie zur Heirat entschlossene Mitmenschen. Nichts scheint da unmöglich, und schon gar nicht die Aktion Abendsonne, in der alte Mitbürger in junge Familien vermittelt werden sollen. Diethard Klantes Hörspiel zeigt, wie die Caritas zur Unterhaltung gerinnt, zum Feierabendquiz mit Musikeinlagen. Er simuliert die Medienwirklichkeit und denkt doch nur satirisch zu Ende, was schon begonnen hat. Das Ergebnis ist eine perfekte Täuschung, von der zu hoffen ist, dass ihre Enttarnung dem Hörer im täglichen Umgang mit den Rundfunk von praktischem Nutzen sein wird.

Der Autor war in dieser Produktion des Hessischen Rundfunks sein eigener Regisseur; beide Funktionen hat er mustergültig wahrgenommen.

Jury: Eva-Maria Lenz, Michael Schwarze, Gunther Vogt

Inhaltsbeschreibung

Im Rahmen einer neuen Unterhaltungsshow des Rundfunks werden vereinsamte alte Menschen an Interessenten vermittelt.

Roderich Schmidt, 71, humorvoll, ledig; Josephine Wittmann, 63, Direktorenwitwe, schlagfertig, gebildet; Hans Faistbauer, 66, geschieden und gewohnt, hart zu arbeiten; Anna Härtel, 60, Witwe eines Waldarbeiters, die sich noch vielfach nützlich machen kann, ein immer fröhlicher Mensch, mit dem man gewiss eine gute Partie macht, wie der als Überraschungsgast geladene Gemeidepfarrer zu berichten weiß - das sind die ersten Kandidaten, die in der neuen Sendereihe Aktion Abendsonne nach einer Familie suchen, bei der sie ihren Lebensabend verbringen können. Natürlich sind alle vier vor der Sendung gründlich untersucht worden, und der Arzt versichert, dass alle tauglich sind, also keinerlei pflegerischen Maßnahmen erforderlich sein würden. Wer von den Hörern sich zur Aufnahme eines der Senioren entschieden hat, kann seinen Wunschkandidaten während der Sendung telefonisch erreichen. Und damit niemand die „Katze im Sack“ kaufen muss, treibt der Showmaster die Alten an, sich vor der Öffentlichkeit mit all ihren Vorzügen und Schwächen darzustellen und ihre finanzielle Situation offen zu legen. Besonders originelle Lebensweisheiten werden von einer Jury mit Bargeld honoriert. Unter den ersten Anrufern ist eine Stewardess, die sich Frau Wittmann als Kinderbetreuung wünscht. Auch so einer wie der Faistbauer, der schon mal richtig zupacken kann, ist begehrt. Als sich eine Anruferin als Schwiegertochter von Frau Härtl zu erkennen gibt und ihr wegen der Teilnahme an der Sendung bittere Vorwürfe macht, kommt es zum Eklat. Doch die Show geht weiter. Am Ende steht Frau Wittman als Siegerin fest: mit 29 Angeboten hält sie den Rekord des Abends.

Mit seiner fingierten Livesendung demonstriert Diethard Klante die überhand nehmende Selbsttäuschung der Massenmedien und macht deutlich, dass gesellschaftlich relevante Probleme wie die Isolierung alter Menschen nicht durch spektakuläre Feierabendshows mit Musikeinlagen zu lösen sind.